400.000 neue und bezahlbare Wohnungen notwendig - Weitere Mietrechtsänderungen unverzichtbar

„Die wohnungspolitische und mietrechtliche Halbzeitbilanz der Bundesregierung fällt aus unserer Sicht durchwachsen aus. Wir erkennen an, dass mit der Mietpreisbremse, dem Bestellerprinzip im Maklerrecht und der angekündigten Wohngeldreform erste Schritte eingeleitet wurden, um die wirtschaftliche Belastung von Mieterinnen und Mietern zu reduzieren. Auch der Mindestlohn kann die Wohnkaufkraft von Mieterhaushalten stärken. Das reicht aber bei weitem noch nicht aus. Wir brauchen mehr bezahlbare Wohnungen, deutlich mehr Wohnungsneubau, insbesondere in Großstädten, Ballungsgebieten und Universitätsstädten, um immer größer werdende Wohnungsengpässe und daraus resultierende Mietpreissteigerungen zu verhindern. Hier fehlen bisher konkrete Lösungsvorschläge oder Handlungskonzepte der Bundesregierung“, kritisierte der Präsident des Deutschen Mieterbundes (DMB), Dr. Franz-Georg Rips, auf einer Pressekonferenz der Mieterorganisation in Berlin.

Außerdem mahnte er weitere Korrekturen im Mietrecht an: „Die ortsübliche Vergleichsmiete muss auf eine breitere Basis gestellt werden, klare Regeln über die Aufstellung und den Inhalt von Mietspiegeln sind notwendig, und die Mieterhöhungsmöglichkeiten nach energetischen Modernisierungen sind neu zu fassen. Ziel müssen eine gerechte Kostenverteilung und die Entlastung der Mieterinnen und Mieter vor finanzieller Überforderung sein. Den Absichtserklärungen im Koalitionsvertrag muss die Bundesregierung jetzt Taten folgen lassen.“

Wohnungsneubau – Wohnungsfehlbestand – Wohnungsbedarf

Die aktuellen Neubauzahlen von 215.000 Wohnungen (2013) bzw. voraussichtlich 240.000 Wohnungen (2014) reichen bei weitem nicht aus, den aktuellen Wohnungsbedarf zu decken. Nach einer Untersuchung des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR, Wohnungsmarktprognose 2030) müssten zwischen 2015 und 2020 jährlich 272.000 Wohnungen neu gebaut werden.

Mit dieser neuen Wohnungsmarktprognose korrigierte das Bundesinstitut seine früheren Vorhersagen, die noch einen Neubaubedarf von jährlich 185.000 Wohnungen in den Jahren 2016 bis 2020 für ausreichend hielten, von einer schrumpfenden Bevölkerung und einem Zuwanderungssaldo von 65.000 bis 70.000 Menschen ausgingen. Bei einem unterstellten „Worst-Case“-Zuwanderungssaldo von 200.000 Menschen sollten 258.000 neue Wohnungen pro Jahr ausreichen.

„Das Bundesinstitut hat 2010 die falschen Signale gesendet und der Politik das Alibi für jahrelange Untätigkeit geliefert“, erklärte Dr. Franz-Georg Rips. „Es gibt keine Bevölkerungsschrumpfung in Deutschland. Im Gegenteil, die Bevölkerungszahl wächst. Mehr als 81 Millionen Menschen brauchen jedenfalls bis 2025 Wohnungen.“

Der Zuwanderungsprozess hat sich völlig anders vollzogen, als vorhergesagt. Seit 2011 steigt die Zahl der Zuwanderer, 2014 betrug das Zuwanderungssaldo 600.000 und war damit fast zehnmal so hoch, wie 2010 prognostiziert, bzw. dreimal so hoch, wie als „Worst-Case“ damals angenommen.

„Auch die neue Wohnungsmarktprognose 2030 lässt viele Fragen offen, überzeugt nicht. Ich kann keine Gründe erkennen, warum das Zuwanderungssaldo in den nächsten Jahren wieder auf 200.000 zurückgehen sollte. Richtigerweise müssen die aktuellen Zuwanderungszahlen der Prognose zugrunde gelegt werden. Hinzu kommt, dass der Prozess der Singularisierung, das heißt der Einpersonenhaushalte, weiter fortschreitet. Die Zahl der Haushalte aber ist letztlich entscheidend für den Bedarf an Wohnungen. Außerdem muss der derzeitige Wohnungsfehlbestand in den nächsten Jahren abgebaut werden. Deshalb liegt der tatsächliche Neubaubedarf in Deutschland bei 400.000 Wohnungen pro Jahr. Benötigt werden vor allem bezahlbare Mietwohnungen“, forderte der Mieterbund-Präsident.

Handlungskonzepte und Vorschläge der Bundesregierung

Die Wohnungs- und Mietenpolitik hat in der derzeitigen Bundesregierung einen spürbar höheren Stellenwert als bei den Vorgängerregierungen. Das lässt sich an den Regelungen des so genannten Mietrechtsnovellierungsgesetzes (Mietpreisbremse und Bestellerprinzip im Maklerrecht) festmachen, welches am 1. Juni in Kraft tritt, oder an der Wohngeldreform, die morgen, am 22.5.2015, im Bundestag beraten wird und spürbare Verbesserungen für rund 870.000 Haushalte ab 1. Juni 2016 verspricht. Positiv bewertet der Deutsche Mieterbund auch die Erhöhung der Fördermittel für die Städtebauförderung auf 700 Millionen Euro und die verbesserte Ausstattung des Bundesprogramms Soziale Stadt auf 150 Millionen Euro pro Jahr.

„Konkrete Handlungskonzepte oder gar Lösungsvorschläge, wie der Wohnungsneubau angekurbelt bzw. bezahlbarer Wohnraum geschaffen und erhalten werden kann, gibt es aber bisher nicht“, kritisierte der Mieterbund-Präsident. „Das von Bundesbauministerin Dr. Barbara Hendricks im Juli 2014 ins Leben gerufene Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen ist noch weit davon entfernt, Ergebnisse zu liefern. Mehr als acht Monate wurden vertan, um überhaupt Arbeitsstrukturen zu finden. Jetzt muss die Politik Farbe bekennen und sich erklären, inwieweit sie bereit ist, Vorschläge und Diskussionsbeiträge aus dem Bündnis gesetzestechnisch und förderpolitisch umzusetzen.“

Vorschläge Deutscher Mieterbund

Der derzeitige Wohnungsneubau konzentriert sich mit teuren Eigentumswohnungen und hochpreisigen Mietwohnungen auf finanzstarke Nachfrager. Zur Lösung der Wohnungsversorgungsprobleme werden aber vor allem bezahlbare Wohnungen benötigt – für Normalverdiener, für Mieter, die allenfalls Durchschnittsmieten zahlen können, und für Mieter, die von dem Schwund niedrigpreisiger Sozialwohnungen besonders betroffen sind. Hier ist der Staat gefordert:

  • Bezahlbare Mieten im Neubau setzen eine Reduzierung der Baukosten voraus. Geltende Normen und Standards müssen hinterfragt werden und gehören auf den Prüfstand. Das gilt zum Beispiel für Stellplatzverordnungen in den Städten, Dachbegrünung usw.
  • Eine Reform der Grundsteuer ist längst überfällig. Die Grunderwerbssteuer muss vereinheitlicht und reduziert werden.
  • Die Vergabe von Grundstücken im öffentlichen Eigentum darf nicht länger nach dem Prinzip des Höchstpreises erfolgen. Eine Kostenreduzierung sollte zu Gunsten der Sicherung sozialer Ziele erfolgen. Die Liegenschaftspolitik muss sich zudem verstärkt Konzept-Vergaben, das heißt der Reduzierung des Kaufpreises bei Übernahme sozialer Verpflichtungen, widmen. Gleiche Effekte können bei der Bebauung privater Grundstücke über planungsrechtliche Festlegungen bzw. städtebauliche Verträge erzielt werden.
  • Die Abschreibungsregeln sind zu überdenken. Die Regelabschreibung sollte von derzeit 2 Prozent auf 3 oder 4 Prozent angehoben werden. Derartige Abschreibungssätze entsprechen der bautechnischen Entwicklung moderner Wohngebäude, das heißt, der Werteverzehr von Gebäuden vollzieht sich heute schneller als in 50 Jahren. Außerdem ist zu prüfen, ob in bestimmten Gebieten Sonderabschreibungen gegen die Übernahme von dauerhaften Belegungs- und Preisbindungen zugelassen werden sollen.
  • Massive öffentliche Mittel in Form eines umfassenden Zukunftsinvestitionsprogramms sind notwendig. Der Schwerpunkt muss bei der sozialen Wohnraumförderung gesetzt werden. Dabei ist der Neubau vor allem in den Bedarfsregionen zu fördern. Der Bund kann unabhängig von den Zuständigkeiten von Ländern und Gemeinden neben seinen Kompensationszahlungen auch Finanzhilfen leisten, soweit außergewöhnliche Notsituationen auf einzelnen Wohnungsmärkten bestehen.

Weitere Mietrechtsänderungen unverzichtbar

Die Mietpreisbremse und das Bestellerprinzip im Maklerrecht treten am 1. Juni 2015 in Kraft. Jetzt geht es darum, weitere Mietrechtskorrekturen vorzunehmen, die zum Teil schon im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD vereinbart sind. Erste Gespräche haben begonnen:

Ortsübliche Vergleichsmiete und Mietspiegel

Nach dem Gesetz darf der Vermieter in bestehenden Mietverhältnissen die Miete auf die ortsübliche Vergleichsmiete anheben. Diese Durchschnittsmiete für vergleichbare Wohnungen am Wohnort wird gebildet aus den Vertragsabschlüssen und den Mieterhöhungen der letzten 4 Jahre. Jetzt soll die Vergleichsmiete nach der Absprache der Koalitionsparteien auf eine breitere Basis gestellt werden. „Das ist richtig und entspricht unserer langjährigen Forderung. Bei der Vergleichsmiete müssen alle Vertragsabschlüsse, zumindest die der letzten 10 Jahre, berücksichtigt werden, und nicht nur die teuren, vielfach überzogenen Vertragsvereinbarungen der letzten 4 Jahre. Sonst sind diese hohen Neuvertragsmieten auf kurz oder lang die Bestandsmieten von morgen“, erklärte Dr. Franz-Georg Rips. Ergänzend fordert der Deutsche Mieterbund aber, die Rolle des Mietspiegels im Mieterhöhungsrecht zu stärken und klare Regeln über die Aufstellung und den Inhalt von Mietspiegeln zu schaffen. „Wir fordern die obligatorische Einführung von Mietspiegeln in allen größeren Städten. Der Gesetzgeber muss einheitliche Kriterien für das Aufstellen von Mietspiegeln vorgeben. Rechtssicher geklärt werden müssen zum Beispiel Fragen der Lage, Ausstattung, des energetischen Zustandes und welche statistischen Anforderungen einzuhalten sind. So ist sicherzustellen, dass Mietspiegel auch vor Gericht als Beweis für die ortsübliche Vergleichsmiete angewendet werden“, forderte der Mieterbund-Präsident. Im Ergebnis muss das vorbildliche deutsche System der Mietpreisbildung über die Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete stabilisiert werden.

Mieterhöhung nach energetischer Modernisierung

Im Koalitionsvertrag ist vereinbart, dass die Mieterhöhungsspielräume nach energetischen Modernisierungen begrenzt werden müssen. Nach jetziger Rechtslage können Vermieter 11 Prozent der Modernisierungskosten auf die Jahresmiete aufschlagen. Kosten neue Fenster, die neue Heizung und eine Fassadendämmung beispielsweise 17.500,- Euro pro Wohnung, löst das für eine 70 Quadratmeter große Wohnung eine zeitlich unbefristete Mieterhöhung von 2,29 Euro pro Quadratmeter bzw. 160,30 Euro pro Monat aus. Das ist für den Großteil der Mieter unbezahlbar. „Wir fordern die ersatzlose Streichung dieser Umlage. Die Modernisierungsmieterhöhung darf sich nicht an den Kosten der Modernisierung orientieren. Stattdessen müssen die energetischen Verbesserungen Maßstab für eine höhere Miete sein. Hierzu muss der energetische Zustand im Mietspiegel abgebildet und in die ortsübliche Vergleichsmiete mit einbezogen werden. Als Übergangslösung bis zur Abbildung der Modernisierung in allen Mietspiegeln kann für eine Zeitspanne von maximal 7 Jahren die derzeitige 11-prozentige Modernisierungsumlage auf 6 Prozent abgesenkt werden, wenn gleichzeitig ein Höchstbetrag für Modernisierungsmieterhöhungen festgelegt wird“, sagte Dr. Rips.

Wohnfläche

Bei Mieterhöhungen und Betriebskostenabrechnung muss die tatsächliche Wohnfläche maßgeblich sein. Flächenabweichungen von bis zu 10 Prozent, die die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erlaubt, sind nicht akzeptabel.

Mietpreisüberhöhung / Wirtschaftsstrafgesetz

Nicht zuletzt weil die Regelungen zur Mietpreisbremse keine Sanktion oder vollständige Rückzahlungsverpflichtung für Vermieter vorsehen, muss die Vorschrift des Paragrafen 5 Wirtschaftsstrafgesetz so korrigiert werden, dass „Mietwucher“ geahndet werden kann. Das hat auch der Bundesrat - zuletzt Ende März diesen Jahres - gefordert.

Mietminderung

Das Mietminderungsrecht bei Wohnungsmängeln darf nicht eingeschränkt werden. Die Ausnahme, dass Mieter bei energetischer Gebäudesanierung drei Monate lang nicht mindern dürfen, ist abzuschaffen. Gleichzeitig ist sicherzustellen, dass Mieter ohne Angst vor einer späteren Kündigung die Miete bei Wohnungsmängeln kürzen dürfen.

Zahlungsverzug

Bei entsprechenden Zahlungsrückständen kann der Vermieter fristlos oder mit der gesetzlichen Frist kündigen. Die fristlose Kündigung kann der Mieter aber abwenden, wenn er den Zahlungsrückstand vollständig ausgleicht. Diese Möglichkeit muss dem Mieter auch bei einer fristgerechten Kündigung eingeräumt werden.

Eigenbedarf

Bei der Eigenbedarfskündigung bzw. Kündigung wegen berechtigten Interesses ist sicherzustellen, dass Vermieter nur dann kündigen dürfen, wenn sie selbst oder nahe Familienangehörige die Wohnung dauerhaft zu Wohnzwecken nutzen wollen. Die sporadische Nutzung der Wohnung oder die Nutzung als Büro- bzw. Geschäftsräume darf keine Vermieterkündigung rechtfertigen.

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